Begegnungen, die kurzen und die vergänglichen, weil intensiv, mutieren zu unendlichen Erinnerungen. Nicht die Länge der Geschichte, sondern die Tiefe der ihr innewohnenden Gedichte, weckt die ewigen Empfindungen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Empfindungen
BEI KAFFEE UND KUCHEN
Ich kann während eines Gesprächs mit Dir Tausendmal meine tiefsten Innenorte besuchen - Dabei sprachen wir äußerlich über das Wetter Lobten den Kaffee und kritisierten den Kuchen. Und auch Du machst das - leugne es nicht. Unmerklich tauchst Du in Dir ständig ab und auf Immer und immer und immer wieder Und erzählst nebenbei vom gestrigen Auflauf. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SCHWEIGSAMKEIT
Ich sterbe den Tod der Worte Wenn die Empfindungen eine Tiefe streifen Jenseits der verbalisierbaren Innenorte. Nur die Schweigsamen werden mich begreifen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EMPFINDUNGEN SAGEN MEHR
Worte versagen Wo Empfindungen alles sagen - Diese formlosen Gefühle im Magen Wie kann eine Brust, So klein wie sie ist, bergen so viel Lust, Ertragen so viel Verlust? Woher kommt Wissen? Woher weißt so viel das Gewissen? Dieses Wissen will ich nicht vermissen. Es lehrt mich den Unterschied Kunstlied und Liebeslied, Zwischen Aufwiedersehen und Abschied. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SEHNSUCHT NACH UNMITTELBARKEIT
Ich wünschte Ich könnte einmal Die Empfindungen und Gedanken Die ein Tag mit sich bringt Mit Dir teilen Und dafür Die unzähligen Worte Die wir täglich tauschen Einmal verschweigen und Gemeinsam in unserer Wahrheit verweilen Leben wir einmal Einen Tag wie ein tausend Jahre Erleben wir einmal Ein Leben wie im Flug Ohne uns zu beeilen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
INNERER FRIEDEN, TIEFER ALS GEDANKEN
Schwerbeladen sank und hing der Kopf, vollgestopft und beschäftigt mit des Tages Zoff, ein brodelnder, köchelnder, zugedeckter Topf. Die Seele, aus leichterem, feinerem Stoff, ignorierte ihn, trank von alledem keinen Tropf, weder von Gedanken schräg noch Gefühlen schroff. Sondern sie suchte den Geist, zart - klopf klopf: In der Empfindung wohnt alles, was ich mir erhoff - Öffne Dein Inneres Ge-Wand. Dein Herz ist ein Knopf. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GESICHTER
Die Gesichter. Leinwände menschlicher Geschichten. Jedes Lächeln ein neues Kapitel mit Seiten und Unterseiten. Ein Satz spricht Geschichten, ein Absatz schreibt mehrere Leben in einem Abenteuer von Liebe und Verlust. Scherz schmückt manch einen Leidensweg aber Schmerz kann man lesen, immer, Verzweiflung beobachten wie einen Film, der sich langsam entwickelt - Alle Bilder sind beweglich, selbst der Toten. Zwischen den Zeilen weilen Zweifel und Angst, List nimmt immer einen und noch einen Twist. Hass war nie eine Maske, Frag jemand, der schonmal hasste. Doch die Geschichte der Freude ist die Liebesgeschichte zwischen Sonne und Hoffnung. Es gibt aber eine Seite, die ich immer und immer wieder neu lese - Das ist die der Entschlossenheit. Schau einem Menschen einmal tief ins Gesicht: Der Blick, mit dem er Dich trifft, das ist sein Gedicht. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
IM HINTERGRUND
Die einen schreiben unsre Gedanken nieder Die anderen geben unsere Worte wieder Noch andere singen unserer Empfindungen Lieder Aber sie sind uns unsichtbar, Uns ungreifbar, von uns unvernichtbar, Im Karmakreislauf unverzichtbar. Unsere Welt lebt und webt in zwei Welten. Manch ein Dejavu, manch ein Un-fall, Schicksalhafte Begegnungen per Zu-fall, Erstaunliche Erkenntnisse durch Ein-fall: Uns traf es vielleicht unvorbereitet Aber jemand oder etwas hat es vorbereitet, Mit unsren Taten als Zutaten es uns zubereitet. Zwei Welten, und wir merken es selten. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
HUNDERT EMPFINDUNGEN
Was ist das,
wenn hundert Empfindungen
mein Herz durchwühlen
und tausend Gedanken
meinen Kopf beschäftigen
und doch am Ende
kein Wort mir über die Lippen kommt.
Du schaust mich an und fragst mich
Was ist los?
Woran denkst Du?
Ich schaue Dich an
Ich ringe lang nach Worten
Und antworte Dir dann, ehrlich…:
„Ach… nichts.“
Nichts, was ich in Worte fassen kann.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEDANKEN ALS FALLTÜRE
Ich begab mich auf die Suche
nach dem Gedanken,
der mich so traurig stimmte eben…
doch ich konnte mich nicht mehr an ihn erinnern –
So schnell wie er kam, verschwand er wieder
Hinterließ nur diese Traurigkeit.
Aber als ich weiter fahndete
fand ich einen anderen Gedanken
der in mir eine Vorahnung tiefer Freude auslöste
Ich flog und flog, vergaß die Traurigkeit…
bis ich wieder zu mir kam und erneut
nach dem Freude auslösenden Gedanken griff…
Doch auch er war weg. Vergessen.
Zurück geblieben ist nur die Empfindung.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
