KOMMEN UND GEHEN

Warum fühlt sich der Anfang an
wie das Ende
Und das Ende wie der Anfang an?

Deine Liebe ist wie der Sonnenuntergang
Deine Liebe ist wie der Sonnenaufgang
Immer am Ende
Immer am Anfang

Magst Du mich kommen fühlen mit Glut und Wonne
Musst Du mich gehen lassen wie die Sonne.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SELBST IST DIE FREIHEIT

Es bringt nichts, nach Freiheit zu schreien.
Sie ist taub.
Wem sie geraubt wurde,
muß sie aufgeben und sich selbst befreien.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ORDNUNG

Die Schranken fallen
Endlich Freiheit
Das Wahre in jedem, es tritt vor
Unterdrückung, dachten wir, war die Hölle
Doch die Freiheit ist selbst die grenzenlose Hölle

Gefangen und verloren in der Freiheit
Wir finden keinen Weg zurück
Zurück zu den Ketten
Die Ketten, die uns besser kannten, als wir uns selbst
Die Ketten, in denen wir frei waren.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

PARIS

Nicht die Liebe
sondern die Freiheit
atme ich hier ein

und aus.

Und in der Freiheit
wagt sich die Liebe
hier raus und

rein.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

VERKEHRSREGELN

Schnell über rot
schnell war sie tot:
diese junge Beziehung

Das tägliche Brot
wurde zum Verbot:
Liebe zur Verzeihung

Das fünfte Gebot
bringt in Erklärungsnot:
Bindung und Befreiung.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DIE BEGRIFFE, DIE WIR RIEFEN

Die Begriffe
Die wir riefen
Haben uns im Griff –
Würgegriff
Bis wir einschliefen.

Nach der Leere greifen
Die Flucht ergreifen
Zu spät begreifen
Daß die Sklavenschiffe

Keine physischen Träger sind
Die sind Begriffe, die jene blind
Sich opfern, die träge sind.

Unsere Bildungswesen
Sind Verkaufstresen

Wo wir unsere Intelligenz aufgeben.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

HERZ DER NATION

Lange speiste die Nation
An dem Blut ihrer Kinder
Um Fleisch zu werden
Und reich an Plunder

Doch nun sind ihre Kinder
Groß gewachsene Vegetarier
Im Herzen widerstandsfähiger
Geworden gegen Vampire

Blut sättigt nicht mehr
Gedanken müssen her
Aus Lichtempfindung geboren
Weitsichtig, menschlich, hehr

Schwer dürstet die Nation
Nach den Gedanken ihrer Kinder
Alle einbeziehend und inspirierend
Gemeinsam zum nächsten Wunder.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

IMPERIUM

Raum zum Nehmen
Grenzen des grenzenlosen Nehmens
Ohne sich zu schämen

Nur der Eroberte
Nur der Gebrochene
Nur der Gedemütigte
Schämt sich
Schämt sich auch noch
Und schämt sich auch dafür
Heimatlos zu Hause

Heimatlos in der Heimatlosigkeit
Eines Anderen Imperium
Da, wo es keine Gnade gibt
Nur Nachdenken: Warum
Bin ich hier?
Nimmst Du mir meinen Freien Willen
Nimmst Du mir mein Leben.
Reichtum und Macht sind ein Imperium
Und wir sind der Widerstand.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der Deutschen Dichtung

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WAHR SEIN

Die Welt zieht und zieht
Wie lange noch kann ich ihr widerstehen?
Die Echtheit, die ich gerne mied
Tue ich immerwiederkehrend immerwiedersehen
In allem, was in und mit mir geschieht.

Verlangen, wie lange noch
Werde ich mich zurückhalten und nachdenken?
Die Welt öffnete sich und ich roch
Die Vorfreude, denn die Freude selbst will nachschenken
Und ich will es trinken doch!

Menschen menscheln, mehr können wir nicht
Wer nie gemenschelt hat, merke Dir sein Gesicht
Wenn es Deinem ähnelt, hast Du Dein Gericht:
Mensch, Du schläfst oder Du lügst noch.

– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

MUT ZU LIEBEN

Die Angst, verlassen zu werden, führt dazu, daß ich die Menschen verletze, von mir vertreibe und selbst als erster sie verlasse. Um dann selbst da drunter zu leiden.

Die Angst, zurück gewiesen zu sein, veranlasst mich dazu, den Menschen nicht zu sagen oder zu zeigen, genau wie viel sie mir bedeuten und wie sehr ich auf sie angewiesen bin. Denn ich habe Angst, sie würden diese Macht, die sie über mich haben, missbrauchen.

Weil ich von anderen nicht verletzt werden möchte, verletze ich lieber nicht nur sie, sondern auch mich selbst, bevor es so weit wird.

Diese Angst ist meine Wunde. Nicht die Angst zu versagen oder zu sterben oder gar andere zu enttäuschen, sondern die Angst davor, von jenen Menschen verletzt und verlassen zu werden, die ich am meisten liebe, brauche und will. Und aus dieser Angst heraus lasse ich diese Menschen gar nicht erst an mich heran oder ich verletze sie und treibe sie fort. Ich konnte immer den Schmerz dieser Verluste ertragen. Dieser Schmerz war mir ertragbarer, als wenn ich von diesen Menschen selbst verletzt und verlassen wäre – in einem Augenblick, in dem ich voller Vertrauen es nicht erwarten würde.

Aber der Schmerz, den ich dadurch diesen Menschen zugefügt habe, war mir zwar nicht egal, doch habe ich ihn mit in Kauf genommen, ausgeblendet und relativiert, manchmal sogar gewollt, damit sie einen Schritt von mir zurück weichen würden. Deren Schmerz war mir lieber als meiner. Oder: unser beide Schmerz war mir lieber als meiner allein. Wer sich selbst Schmerz zufügt, kann ihn besser ertragen. Ich liebe die Einsamkeit, weil allein sie mich von alleine nicht verlassen kann.

Jedoch bin ich irgendwann zu weit gegangen, so weit, daß ich genau den einen Mensch getroffen, verwundet, verjagt und verloren habe, den ich tatsächlich am meisten liebe, brauche und will, und vor allem, auf den ich doch nicht verzichten kann – eigentlich das, was ich immer erreichen wollte. Doch wurde diesmal in mir ein Schmerz ausgelöst, ein Verlust erzeugt, der sich als unerträglich erwiesen hat. Bittere Ernte. Das hätte ich nie erwartet. Das, was mich schützen sollte, hat das Gegenteil bewirkt: mich verwundbar gemacht: Mein Gleichgewicht ist fort und ich weiß nicht, was für Folgen das auf mich langfristig haben wird.

Eine positive Folge ist, daß ich diese Wunde nicht mehr als Angst einstufe, sondern als Feigheit. Dieses Umbenennen hat Wunder bewirkt. Auf einmal habe ich buchstäblich und tatsächlich die Angst verloren und hab stattdessen einen Gegner bekommen, den ich besser greifen und niederstrecken kann. Denn diese Feigheit habe ich seit dem niedergelegt und zeige jetzt den Menschen, vor allem den mir wichtigen oder wichtig werdenden, das, was ich vorher vor allem ihnen immer versteckt habe. Das wiederum hat in Folge mir in jüngster Zeit viel Schmerz aber auch viel Freude gebracht. Am wichtigsten aber habe ich die Freiheit gewonnen und die Gewissheit, ich lebe.

Eine zweite positive Folge ist, daß ich viele Entscheidungen endlich getroffen und umgesetzt habe, oder am Umsetzen bin, die lange in mir gestaut haben, auf den Mut zum Handeln harrend. Erfolg oder Niederlage ist vorerst nicht das Wichtige, sondern das Handeln selbst.

Nicht desto trotz schmerzt innig und belastet mich sehr der Verlust dieses einen Menschen und hat mich kurzzeitig sogar an den Rand des Wahnsinns und des Selbstmords getrieben. Seit dem ich allerdings diese Phase überlebt habe, habe ich den Eindruck, ich kann alle anderen Schmerzen und Komplikationen und Auswirkungen, die mit diesem Fall zusammen hängen, fest ertragen. Ob das gut ist oder schlecht, vermag ich nicht zu beurteilen. Dafür kenne ich mich im Fach Psychologie zu wenig, eigentlich gar nicht, aus.

Ich weiß nur, daß der Weg vorwärts für mich in der Wahrhaftigkeit zu mir selbst liegt und in der Bereitwilligkeit, mich auch der Gefahr des Herzensleidens zu öffnen. Ich glaube, das ist das, was die Menschen Vertrauen nennen. Ich nenne es lieber den Mut.

Und ich glaube, das war letztendlich der Sinn meiner Beziehung zu diesem Menschen. Nicht der Mensch selber, sondern das Herausbrechen aus meiner Schale. Alles andere bleibt jetzt ver-gangen. Die mir wichtigen Menschen bleiben gegen-wärtig, präsent, in meinem Leben.

– Che Chidi Chukwumerije.