WIR KENNEN UNS

Die Nähe war nimmer so fremd
Wie Zuhause
Das Fremde war nimmer so vertraut
Wie in der Weite
Weite Welt, wo
Aus jedem Augenpaar heraus
Das bekannte Gefühl mir gestand,
Wir kennen uns besser und inniger
Als die Distanz zwischen uns je
Vermuten ließe
Im Guten, im Schlechten, im Fremden.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VERSTECKTE GLEICHART

Oft saß ich allein
in einem überfüllten Zimmer
Und Deine Augen und meine
trafen sich immer
Obwohl ich in einer Ecke saß
und Du in der ganz anderen
Obwohl wir uns nicht kannten
kannten wir uns in unserem Inneren.

Und schieden und sprachen oft kein Wort
kein Gruß kein Satz zu einander,
als würden wir das nicht brauchen –
denn unsere Verbindung ist Salamander:
Unsterblich, millionenfach verbunden,
Fremde geschmiedet aus ähnlichem Geiste –
Sonderbar. Die Welt ist voller Gleichart.
Auch für den, der sie nie bereiste.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FREMDELN

Du liefst die Straße entlang.
Schade, daß von all den Menschen,
die Dich innerlich ansprachen,
mit keinem kam es äußerlich zur Aussprache.
Du sagtest nichts
Und sie sagten nichts.
Wir leben zum selben Zeitraum auf der Erde
Und laufen alle an einander vorbei.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NÄHE TRENNT

Man sieht so viel äusserlich
Erkennt so wenig innerlich
Umarmt die Welt geschwisterlich
Bleibt auf Abstand freundlich
Reicht sich die Hand höflich
Aus der Distanz
Denn die Welt entfremdet sich täglich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIR SIND

Wir sind wie Zombies
Leben in Deutschland wie
Schatten in einem Raum leben –
Nämlich nicht. Nur
An der Wand schemenhaft schleichen
Unstet, unsicher, bruchstückhaft
Unerfasst und unfassbar
Und fassungslos

Wie Geister tauchen wir aus dem
Nichts nachts auf
Tanzen laut wie entfesselte
Verzweifelten…
Lachen mit Mund
Fragen einander gegenseitig mit Augen
Was wir hier machen –
Nämlich nichts.

– Che Chidi Chukwumerije.

MITEINANDER

Ich bin Fremder in Deutschland
Und bekomme es zu spüren
Weniger ist mehr

Doch die Da-zugehörigkeit
Sie überwiegt
Siegt.

Nie sah ich die Menschheit
Einig unter sich
Und man sagt, ich habe schon mehrmals gelebt
Seit Urzeiten mal hier
Mal dort
In vielen Menschenherzen, ewige Kultur

Immer gab es einen Grund,
Zwiezuspalten
Und das Miteinander immer wieder
Neu zu gestalten.

– Che Chidi Chukwumerije.