Viele werden kommen und wieder gehen, viele Ausländer aus Ländern und Begriffen, denn fremdsein liegt nicht nur im Aussehen - das besonders Fremde sitzt nicht in Schiffen. Es sind Gedankenformen und Empfindungen, die uns anfassen, auffassen und erfassen, die uns einspannen in neue Verbindungen - die wir nicht fassen - eher sie uns wieder verlassen. Ihr denkt, daß Blut das tiefste ist… Ihr irrt gewaltig; tiefer verankert als Blut liegt der Boden, wo das Tatsächliche sitzt: Fremdes, Eigenes, Geist, Hab und Gut. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
GEdanken
AUGEN SPRECHEN
Augen sprechen Oh! Wie laut sie sprechen. Und deutlich. Eloquent! Lass Dich für nur einen Moment Von fremden Menschen heimlich Mustern, bewundernd, unheimlich, Einladend, ablehnend, freundlich, Feindlich, lüstern, neugierig, kindlich, Für Dich, gegen Dich, durch Dich Hindurch, egal. Du fühlst Dich Beobachtet, deutlich. Du drehst Dich um Eure Augen treffen sich kurz und - Boom! Ich weiß, was Du denkst wortwörtlich Und Du weißt, was ich denke ziemlich Genau, als hätten wir es mit Worten gesagt - Meinungen ständig gegeben ungefragt. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
GIESSET DIE BLUMEN
Alle diese Gedanken, die wir denken, in die Welt setzen, was geschieht mit ihnen? Die die ätzen, vernichten, verletzen. Wir kommen und gehen aber unsere Gedanken bleiben wie unsichtbare Wolken die verdichtend nicht weiter treiben. Gedanken der Habsucht, der Ichsucht und der Selbstsucht, Gedanken der Eigensucht und weniger der Lichtsehnsucht. Ab und zu in der Wüste hier und da ersprießt unerklärlich eine einsame tapfere Blume. Halte durch, Du bist unentbehrlich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
MOMENTE NEUER ERKENNTNISSE
Der Moment, in dem ein Gedanke, der über Dir jahre- und jahrzehntelang gewartet hat, wie vor einer Schranke, endlich in Dich wie ein Samen eindrang, weil Du nun reif genug geworden bist und Dich ihm geöffnet hast, bereit. Dieser Moment, ein kurzer Augen-Blick, ist der Grund für Deine Erdenzeit. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
VIELE BLUMEN
Die einen Blumen waren nur Gedanken Sie blühten über meinem Kopf Ich war der Blumentopf Die anderen Blumen waren Worte Sie hüllten mich um Schön und dennoch krumm Einige Blumen dagegen waren Gefühle Wie sie in meinem Blute sprießen wilde Dufte hinterließen Und die aller ersten Blumen waren Empfindungen Es gibt einen himmlischen Garten in denen sie auf mich warten Aber die wichtigsten Blumen sind meine Taten Wenn ich sie Dir schenke weißt Du, was ich wirklich denke. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
DER ERSTE GEDANKE
Der erste Gedanke, der zu mir heute morgen kam, den vergaß ich nieder zu schreiben. Er zog sich schnell zurück aus Scham, als hätte ich versäumt, ihn zu verkleiden. Nackt stand er inmitten von Kleinkram in meinem Kopf und musste leiden. Dann war er weg. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEFLIMMER
Gelbe Gedanken richtig hell - die müssen Sonnen sein - in der kalten Nacht, versanken ins Gedächtnis und ich war wieder allein. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
FERTIGSTELLUNG UNSERER GEDANKEN
Mehrere unfertige Gedanken kamen heute, scharen sich seit Stunden eng um mich wie fremd duftende, dürftige, durstige Leute, erzählen aber erstmal recht wenig über sich. Ich könnte sie ablehnen und zurückweisen, doch heiße ich sie vortreten und prüfe sie, dann lasse ich sie an meinem Innern speisen, sie futternd, ergänzend, damit ich sie groß zieh. Dann geschieht plötzlich das Wunderbare: Gestaltwandler, sie nehmen neue Formen an: Der Tiefe, der Hohe, der Kluge, der Sonderbare: Inhaltswandler, sie führen mich an Neues heran. An neue Denkungsweisen und neue Fragen, an neue Zusammenhänge und Erkenntnisse, die alle dennoch eine alte Weisheit in sich tragen: Zusammenschluss erzielt die besten Ergebnisse. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
VON WENIGEN WAHRGENOMMEN
Manchmal steigt von Wenigen wahrgenommen ein Geist aus dem Unbegreiflichen auf die Verstandesebene nieder Und wie aus dem Nichts kommen neuartige Gedanken zu Dir wieder und jene merkwürdigen Lieder die, undeutlich, verschwommen, langsam wieder verschwinden, dann schnell und immer schneller… bis Du anfängst, zart zu empfinden, und hell wirst und immer heller. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LAUNENHAFTIGKEIT
So, wie er die untergehende Sonne beobachtet,… die sich zurückziehenden Gezeiten betrachtet,… so, wie er die Vögel nach Süden fliegen sieht,… alles wahrnimmt, was um ihn herum geschieht, so schaut er manchmal machtlos zu, wie seine Laune sich verschlechtert im Nu, und vertreibt die Freude und verdirbt die Ruh. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
