Ich könnte Dir alles sagen Du würdest trotzdem nichts sehen Wo meine Worte fallen im Garten der Ideen Außer Fragen, die klagen im Magen Deshalb sage ich nichts Damit Du in meinem Schweigen mich hörst Denn sollte ich sagen: Du störst Störte ich Dein Verinnerlichen meines Gedichts. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Gedichte
DICHTERHERZ
Ein Kind ging im Wald spazieren und merkte irgendwann die Schönheit der Steine überall; sie zogen ihn in ihren Bann. Er nahm einen Stein in die Hand, drückte ihn gegen sein Gesicht; der Stein schien plötzlich zu reden, erzählte dem Kind ein Gedicht. Und jeder Stein, den er nahm, erzählte ihm sein eigenes Poem, drang tief in das kindliche Herz ein, hauchte ihm ein sein Zauberodem. So sammelte es jahrelang Steine, trug sie aus dem Wald hinaus - und aus allen diesen Dichtungssteinen baute es sich ein Haus. Das Kind wurde erwachsen, der Erwachsene lebte und starb und nach einer langen langen Zeit wieder auf der Erde geboren ward. Und wuchs und spielte und suchte und strebte und wusste nicht: es wohnte tief in seinem Herzen für jeden Tag ein Gedicht. Bis eines Tages die Liebe, an einem anderen Tag der Verlust, dann Verrat, Sehnsucht, Sünde, Reue sprengten das Herz in seiner Brust. So fand er in seinem Schmerz, daß tief in seinem Geiste sein Herz war felsenfest und stark, egal wie tief er hinein reiste. So reiste er weiter durch den Wald in seiner Seele und fand eines Tages einen Garten dadrinnen, in dessen Mitte ein Haus stand. „Zuhause!“ wusste er wieder, denn es war tief und es war schlicht Und nun hat er wieder, glückliches Kind, für jeden Tag ein Gedicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DESHALB GEDICHTE
Mir gehen die leeren Seiten aus, auf die ich meine unzähligen Geschichten schreiben muß, denn mein Licht geht aus. Deshalb verdichte ich sie in Gedichten. Mir werden die Erinnerungen mehr, die Zeit weniger um sie nieder zu schreiben. Irgendwann habe ich keine Zeit mehr für Geschichten, von denen keine zurück bleiben. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEISTERHAND
Und meine Gedanken waren eine Leinwand
Und ich schaute auf sie und fand
Darauf den Eindruck einer fremden Hand.
War es mein Verstand
Der meinen Geist nicht verstand?
Oder wird jeder Dichter – außer Rand und Band –
Lediglich geführt von Geisterhand?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
MEIN ZUHAUSE
Ich stehe häufig unter einem Baume
In einem inneren Bilde
Vor meinem dritten Auge
Vor einer kleinen niedlichen Holzbrücke
Die über einem Bach gebogen liegt
Auf der anderen Seite des Bachs
Steht ein schönes Haus
Ich sehe es nicht, ich spüre es nur.
Da wohne ich –
Der Bach ist die Dichtung
Die Brücke ist meine Sehnsucht
Der Baum ist der Tag, der Augenblick
Und wenn ich die Brücke überquert habe
Und wenn ich das Gedicht geschrieben habe
Gehe ich nach Haus.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
JENSEITS DER GEDICHTE
Ich vermisse Deine Gedichte
Die Nachfrage in mir danach ist groß
Alle Einflussgrößen steigern meine Vorlieben
Die sehnen sich, wie immer, nach Deinem Schoß.
Das wäre’s mit meinem knappen Gedicht heute.
Ich möchte wie Du ohne Worte groß dichten,
Schmerz fühlen tiefer und Freude empfinden
reiner als schreiben, reden oder dichten.
Die innige Tat.
Rege Saat –
Blatt um Blatt um Blatt…
Ich bin noch nicht satt.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
DES WANDERERS ERINNERUNGEN
Am Abend meines Aufblühens
Möchte ich wie die Erinnerung
Einer Blume zurück schauen
Auf jede bald verschwindende Erinnerung;
Ich möchte mich daran erinnern
Daß ich mich einst daran erinnerte –
Denn an mehr als das werde ich mich
Nicht mehr erinnern;
Die Erinnerung an Dich wird verschwinden,
Bleiben wird nur die Erinnerung
An die Erinnerung –
Das Jahr trug mich wie eine Lotusblume
Auf einem fließenden Strom;
Die Gedichte waren Bäume am Ufer,
Ich werde sie nie wieder sehen
Doch meine Erinnerungen an sie
Habe ich Euch hinterlassen
Als Geschenke des Wanderers
Durch das fremde deutsche Land.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
EHRLICHKEIT
Ehrlichkeit schreibt Gedichte
Nicht Menschen –
Menschen wahren ihr Gesicht
Und schreiben Geschichte.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
Update:
PS – Das Projekt geht weiter. Nun heißt es das Jahrzehnt der Deutschen Dichtung und wird vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2029 täglich ein neues Gedicht hervorzaubern.
Wer will, darf mit machen!
– Che, 08.02.2021
2020 – 2029: Das Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
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„2019: Das Jahr der deutschen Dichtung“ ist mein persönliches Kunstprojekt, das ich ins Leben rief.
Ich bin kein gebürtiger Deutscher, und habe erst mit 19 angefangen, deutsch zu lernen. Mit der Zeit habe ich mich auch mit dem Dichten in der deutschen Sprache befasst, da ich eine große Liebe zur Poesie habe. Über die Jahre verstärkte sich meine Neigung zum Dichten in dieser Sprache.
In Dezember 2018 traf ich dann die Entscheidung, aus einem inneren Drange heraus, als mini „Vorsatz fürs kommende Jahr“ sozusagen, in 2019 täglich in der deutschen Sprache zu dichten und das Ergebnis auch in meinem Blog – chechidi.me – zu veröffentlichen. Ich habe somit 2019 zu meinem Jahr der deutschen Dichtung auserkoren. Das Projekt nenne ich auch entsprechend:
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung.
In Juni 2019 begann ich, ebenfalls täglich ein Video zu machen, in dem entweder ich oder auch andere Leute mein aktuelles Gedicht des Tages vor laufender Kamera vortragen bzw vorlesen. Ich drehe diese Videos immer an meinem jeweiligen Aufenthaltsort des Tages, also ab und zu auch im Ausland, und man kann sie alle sowohl in Youtube als auch auf meinem Blog sehen.
Ich freue mich auf und über jegliche Anteilnahme an meinem Projekt, über Kritik und über alle ernst gemeinten Rückmeldungen. Für mögliche Projekte oder Kooperationen, die daraus entstehen könnten, bin ich offen. Ansonsten freue ich mich einfach, wenn andere Leute meine Gedichte lesen und genießen, und vielleicht selber auch anfangen, in dieser wunderschönen Sprache zu dichten.
Che Chidi Chukwumerije,
08.Juli 2019.
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Ganz nebenbei, falls es jemanden interessiert oder einer sich fragt, was ich da so tue: Ich werde dieses Jahr täglich auf Deutsch dichten und auch posten in meinem Blog http://www.chechidi.me und auf Facebook und an anderen Stellen vielleicht auch. Wer will, darf gerne kommentieren, bewerten, sogar Wünsche äußern. Der Grund, warum ich das tue, ist ganz einfach. Es fließt gerade.
Che Chidi Chukwumerije
08. Januar 2019
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IM GRUNDE GENOMMEN
Es gräbt im Garten ein Gärtner
Und dann, nach langem Graben,
Gräbt er im Grunde genommen aus
Seinem Sein und seinem Haben
Seine ewige Sehnsucht heraus.
Je mehr er gräbt, desto mehr findet er
Und immer tiefer wächst seine Sehnsucht –
Je mehr er schöpft, desto mehr verschwindet er
Im Grunde genommen in seiner Sehnsucht
Nach seinem Sein und seinem Haben.
Es begräbt sich im Garten ein Gärtner
Und so, nach langem Begraben,
Begräbt er im Grunde genommen in
Seinem Sein und seinem Haben
Seine ewige Sehnsucht.
Dann stieg er aus und ließ die Erde wieder hinein,
Gab Wasser und kümmerte sich nicht mehr groß darum –
Übergab alles der Natur, dem großen Gärtnerlein;
Die pflegte ihm, in ihrer Art, unermüdend, stumm,
Einen Baum gewurzelt in der unendlichen Sehnsucht –
Jetzt braucht er nur kommen und nehmen die Frucht:
Sein Haben und sein Sein
Und die unsterbliche Sehnsucht nach den Zwein.
– Che Chidi Chukwumerije.