Wir verwechseln Kunst mit Spiritualität, genauer: mit geistigem Streben, obwohl nichts im Geistigen höher steht, als mit gutem reinem Wollen zu leben - das einfachste und das schwierigste. So viele Menschen dünken sich talentfrei, leer und unbegabt - aber sie denken dies irrtümlich. Manche sind mit Menschlichkeit begabt, das einfachste und das schwierigste. Täglich, ehrlich, mit anonymster Stabilität hohe Werte zu verkörpern und zu geben: Das allein ist die ernste Spiritualität; das ist das aufbauendste geistige Leben, das einfachste und das schwierigste. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Gütigkeit
KRIEG DER LEBENSEINSTELLUNGEN
Das Recht des Stärkeren, das Recht des oft Echteren zu ächten, den Schwächeren zu brechen - primitiv doch irgendwie ehrlich bei Tieren, bei Menschen eigensinnig, ein Verbrechen. Jeder kann nicht reich sein, Chef oder Chefin sein, Champion sein - aber leben kann jeder und lebendig sein. Wie können wir dieses selbstsüchtige Recht des Mächtigeren heute unterbrechen? Kann Macht sich selbst aufgeben? Macht, sagt man, muss genommen sein. Der Mächtige wird entmachtet, wenn ein Mächtigerer aufsteigt. Und da haben wir es wieder: in Liebe und im Krieg; Die Macht des Stärkeren wird alles durchbrechen. Welcher Gedanke war der stärkere? Ausbeutung/Ausnutzen oder Kooperation/Schützen? Welcher Drang ist der stärkere? Zur Selbstsucht oder zum Gemeinwohl? Denn der stärkere wird dominieren und alles andere schwächen. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ES WAR EINMAL EIN LÄCHELN
Es war einmal ein Lächeln
Ungeschützte Fackel im Sturm
Tapfer lächelnd dennoch, warm.
Der erste, der auf es schoss
War wegen seiner Andersart erbost
Schloss das Herz vor Gewissen, Schmerz.
Die zweite, die schoss aus Rache
Denn sie rief es mit einem Locklachen
Es erwiderte, wich, mit nem Lächeln zurück.
Die nächsten, die hassten das Lächeln
Einfach so. Liebten nur Macht.
Lächeln war gedacht als Machtspielchen
Locklächeln als Mittel zum Endziel
Auch der Hass kann lächeln, kalt und viel
Der Griff ist kalt. Der Topf wut-heiß.
Doch alle unterschätzen das Lächeln
Das echte, starke, warme, menschliche.
Letztes Lebenszeichen der Geistesfackel
Es wird sich diesmal wehren.
Als letzter Überlebender Gestern‘s Lehren
Wird es anstecken, und sich vermehren.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
MENSCHLICHKEIT

Guter Rat ist teuer
Gütige Tat noch scheuer
Als ein scheues Reh
Die Welt, sie tut weh
Wessen Selbst ist selbstlos?
So klein und doch eben so groß
Geben ohne verlangen
Sagt man, ist empfangen
Spürt man irgendwie aber auch
Unerklärliches Wissen im Bauch
Haben ist ein Gewicht
Es sei, man habe Licht
Und dann so ein Tag
Wie heute, über dem es lag
Durch Hoffnung befreit
Der Drang nach Menschlichkeit.
– Che Chidi Chukwumerije.
