Gestern verschwand so schnell und wird es täglich wieder tun. Heute ist gestern’s flüchtiger Appell an uns, nicht träge uns auszuruhen. Denn heute ist das fixe Gesicht von gestern einmalig im Entstehen. Wir schreiben vor Mitternacht das Gedicht und so wird es die Welt für immer sehen. Was für ein Moment der Moment ist, was für eine Macht seine Macht hat - den Wachen macht er zum Opportunist, dem Schlafenden bleibt er ein leeres Blatt: Bitte nicht wenden ohne zu verwenden. Ungeschrieben. Ungenau und unbeschrieben. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
heute
FERN VON GESTERN

Ein langer Weg trennt mich vom letzten Jahr. Seltsam, es war ja erst gestern - Doch die Nacht, der Schlaf, die tausend Träume zwischen den Mitternachtsglocken und dem Morgenstern waren eine riesengroße weitenumspannende Brücke, ein großer steinerner Bogen, über den ich schritt wie ein Reisender auf der Suche nach Klarheit und Glücke von Gipfel zu Gipfel sich tapfer durchkämpft über Täler und Schluchten und tiefe, weite Klüfte stets die Gegenwart sucht. Gestern war vor tausend Jahren, letztes Jahr ist vergangen. Seelenfenster auf! Ich lüfte! Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
HEUTE IST HOFFNUNG
Kommt der Frühling Vom Norden oder vom Süden? Das Ende Deines Winterschlafs, Das ist Dein Frühling. Kommt Heute Vom Gestern oder vom Morgen? Jedes Gestern war mal ein Heute Jeder Morgen wird einst ein Heute sein. Keiner besitzt Dich für immer - Nicht Jahreszeit, nicht Liebe, Nicht Reichtum, nicht Wissen - Jeder hat Dich nur heute… Außer vielleicht Hoffnung Die Hoffnung hat Dich immer Heute ist Hoffnung‘s Zuhause. Die Hoffnung auf eine glücklichere Gesellschaft Die Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft Die Hoffnung auf Frieden, auf Stimmigkeit, auf Gesellschaft. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
TÄGLICH DICHTEN
Täglich dichten hat mir beigebracht, egal wie schön der Tag war oder die Nacht, mich zwingen zu können, Gestern zu beenden, mich der Rätsel widmen von Heute ausgedacht, den Empfindungen, die heute in mir trenden. Gestern verlassen fällt mir täglich heute schwer, bringt mir doch der Tag jeden Tag immer Mehr, mehr von mir, und mehr von Weniger von mir, häufig war ich zum Tagesende völlig leer des Alten, und voll mit neuem Lebenselixier. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEBORGEN
Ein Herzflimmern nervös
Ein Weltzittern
Denn die Welt hat ein Herz
Und es macht sich Sorgen
Ein Schlag! Anfall!
Rückschlag oder Rückzug? /
Liebe heute, wer sich lieben läßt;
Warte nicht auf morgen.
Das Leben, so lang, ist so kurz.
Mein morgiges Gedicht
hat meine Sehnsucht nach Erfüllung
bereits heute geborgen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEH-SCHICHTEN
Hast auch Du in Deinem Herzen
so viele Geschichten und Erinnerungen,
von denen Du nicht weißt,
wie Du sie richtig erzählen sollst?
Einige Kapitel Deines Lebens
waren Fortsetzung und Abschluss einer Geschichte,
die in einer verschwundenen Zeit stattfand
manchmal lange bevor Du geboren wurdest.
Einige Kapitel Deines Lebens
waren Präambel und Vorboten einer Geschichte,
die in einer zukünftigen Zeit abspielen wird
manchmal lange noch dem Du gestorben bist.
Wie willst Du diese Geschichten erzählen?
Alles, was Du tun kannst, ist im Heute leben,
der Realität angepasst, und im Heute
für eine bessere Welt mitkämpfen.
Nicht alles kannst Du sagen –
aber sagen kannst Du alles,
was gesagt werden muss…
und was einst weitererzählt werden wird.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
HEUTE VOLL AUSSCHÖPFEN
Ich frage mich immer heute:
Was werde ich morgen wünschen,
ich hätte es gestern erkannt?
Auch diese Frage gehört den Wünschen,
von denen ich denke, heute:
Mensch, hätte ich sie nur gestern erkannt.
Denn heute hilft sie mir,
morgen immer weniger zu überlassen
was ich gestern hätte haben können.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
ZEITGEISTER
M: Wir reden übermorgen
H: Was wollen wir über morgen reden? Laß uns doch lieber über heute reden?
G: Ne, laß uns über gestern reden. Dann wissen wir Bescheid über heute und morgen. Denn vor gestern gab es keine Geschichte. Alles fing immer gestern an.
M: Alles gut. Doch laß uns das erst übermorgen machen. Denn heute will ich erst über morgen reden.
H: … und morgen erst über heute?
M: Ja!
G: Aber das wäre dann gestern… endlich!
H (*kopfschüttelnd): Was soll ich täglich mit diesen Selbstgesprächen? Gestern und Morgen gibt es nicht. Eines gab es, eines wird es geben. Täglich. Heute bin ich ein Einzelkind. Wie immer.
SCHWEIGEN.
– Che Chidi Chukwumerije (08.02.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
HEUTE VERÄNDERN
Es gibt nie wirklich einen Morgen
Das Leben verändert sich immer
Denk an all Deine Träume von Morgen
Von ihnen hat keinen blassen Schimmer
Heute – Gestern‘s wahrer Morgen.
Die Art und Weise, wie sich Heute wiederholt
immer wieder im Kern und immer wieder
raubt mir den Atem wiederholt. Wieder erholt
hole ich wieder aus, stimme Morgens Lieder
doch Morgen hat mich Heute wieder eingeholt.
Morgen kannst Du nie aufholen
denn Heute läßt sich nie überholen
nur verändern.
– Che Chidi Chukwumerije (04.02.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
LIEBE UND LASSE DEN MOMENT
Gestern, wie unsichrer Boden,
wurde mir so schnell unter den Füßen
weggezogen. Das Leben gestattete
es mir nicht einmal, mein eigenes Gedicht
zweimal zu lesen und so war’s gewesen
Als wär’s nie gewesen. Das nächste steht
verschwindend schon vor der Tür.
Wen ich heute liebe, liebe mich heute zurück.
Morgen reimt nichts mehr mit gestrigem Glück.
– Che Chidi Chukwumerije (24.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

