WASSERFLASCHE

Ich vergesse Dich nicht
Die Jahre machen Dich jünger, nicht älter
Deine ewige Jugend hält mich jung
während die Welt rauer wird und kälter

Ich trage Dich mit mir herum
wie eine Wasserflasche in der Wüste
Und wenn das letzte Tröpfchen getrunken ist
erreiche ich auch die Küste.

Lang ist die Reise und kurz
Selbst ohne Sturz oder Absturz
Rudere, rudere, rudere mein Boot
Die Hoffnung ist mein Brot.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

VON WENIGEN WAHRGENOMMEN

Manchmal steigt
von Wenigen wahrgenommen
ein Geist aus dem Unbegreiflichen
auf die Verstandesebene nieder

Und wie aus dem Nichts kommen
neuartige Gedanken zu Dir wieder
und jene merkwürdigen Lieder
die, undeutlich, verschwommen,

langsam wieder verschwinden,
dann schnell und immer schneller…
bis Du anfängst, zart zu empfinden,
und hell wirst und immer heller.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WONNENBRAND

Manchmal willst Du ein Gedicht
weiter schreiben,
doch es ist schon zu Ende -
Du warst nur der Kugelschreiber,
niemals selbst der Schreiber.
Du spürst an Dir fremde Hände

doch die Berührung ist intim
und der Griff ist Dir wohlbekannt.
Ohne Vorwand
nimmt er Dich ganz in Besitz
und befreit Deine Sehnsucht
ihres letzten gedanklichen Gewand.

Und jetzt würdest Du so gerne
weiter machen,
doch der Höhepunkt der Wonnenbrände
wurde schon überschritten,
überschrieben.
Dreh Dich sanft um. Seitenwende.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VOLL MIT MOND

Vollmond über Torrelles de Llobregat
Der Abend wiegt schwer
und liegt leicht auf meiner Nacht,
wiegt schwer, weil der Mond,
ich beobachtete ihn, und schöpfte Verdacht,
der Mond, der Mond ist schwanger -
Und jeder, der heute Nacht Dichter spielt,
wird zu seinem treuen Handlanger.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

KÜSSE DIE MUSE

Heute bist Du früh gekommen,
schnell genommen hast mich,
benommen ließt mich nach Worten greifend,
das in mir entfachte Gedicht nicht begreifend.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HÖCHSTSPANNUNGSLEITER

Heute bist Du meine Muse
Die Ungereimtheiten in Dir
Die Uneinigkeit zwischen Deinem Kopf
und Deinem Herzen ist die schönste Spannung
die ich je gespürt habe –
sie ist eine Hochspannungsleiter,
durchströmt mich mit einem bebenden Warten
auf Entladung –
Danke für die Einladung.
Ladestation: Mensch. Sehnender Mensch.

Zu wissen, ich labe mich an Deiner Wunde
und das Laben reinigt die Wunde –
Herz und Kopf versöhnen sich…
Die Spannung läßt nach…
Die Wunde schließt sich.
Eine Weile muss nun ich entbehren, leiden –
Mein Durst wird wieder reif, dürstet…
Und wenn ich Dich dürstenden Auges anschaue
werden Dir Kopf und Herz wieder uneinig,
die spendende Spannung ist wieder da.

Hallo, Muse.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WAS SIE MIR ERZÄHLEN

Wasser
Glocken
Stille
Wachstum
Weiblichkeit
Licht
Schwert

Ich könnte weiter meine Inspirationen aufzählen –
Aber nein, denn wichtiger ist, was sie mir erzählen:

Mensch, Du bist Deines Schicksals Verfasser
Gib Dir Mühe, um es nicht zu verbocken
Verfolge dem Guten mit fließend eisernem Wille
Liebe – Liebe ist Reichtum
Weiblichkeit ehren ist Männlichkeit
Und wenn Dein Herz bricht
findest Du drin den Schatz mit dem höchsten Wert.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NACHT NUR

Der Abend umarmt mich
Mit tausend Gedanken
Für die ich mich bedanke ohne Vorbehalt

Die Gestalt war nur ein Vogelgedicht
Eine kurze Nachricht der jungen Nacht
Einsicht heißt das Gedicht –

Ich sage Gute Nacht, gute Nacht…
Du hast meinen Tag
Schön gemacht –

– che chidi chukwumerije.

THE MAGIC WAND

Once upon a time

A magician turned
Himself into a magic wand

And turned his magic wand
Into himself.

There they go
The magician and his wand.

– Che Chidi Chukwumerije.

INVISIBLE WINGS

Fluttering somewhere, unseen
Fluttering softly, fluttering quick,
Fluttering, fluttering, an invisible being
Floats over quietly with a candlestick
And a flaming crown around a little wick,
Slightly seen, partly unseen…

They float, candle, being, and candleflame
Over the heads of a thousand men and more…
And alight gently upon a budding dame
Who, touched by an angel, bears a look never seen before

And poets and musicians and men
Draw from her look inspiration again

And again.

– Che Chidi Chukwumerije