Wenn alles, wenn alle weg sind, Gesellschaft, Pflichten, Frau und Kind, bleibt von mir und meinen Träumen was übrig? Jugendliche Empfindung, einst quecksilbrig, langsam stumpf gerieben unter Haaren grausilbrig geworden, verweht mit dem Wind. Die Aufgabe des Erwachsenen und des Greisen ist es, die reine und kindliche Klarheit des Kindes und die tiefen Empfindungen des Jugendlichen, der er einst war, nun restlos zu verwirklichen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
jugend
RÜCKFAHRT AUS TIROL
Der Weg ergibt sich aus dem Nebel
Tirol entkleidet sich schnell
entzieht sich dem feuchten Dunst
zwischen seinen Bergen
gibt den Weg frei, eine lange Schlange
und wendet sich unermüdlich
aus der Feier heraus, zurück ins Alte,
voran ins Neue.
Neben mir ein Fluss, der immer in ist,
nimmer out. Die Sonne erscheint zögernd,
es ist eine Wintersonne.
Langsam fallen die Berge zurück,
die Enge weitet sich, und
es liegt eine offene Welt wieder vor mir…
Mit Heimkehr steigt die Reiselust.
Mit Älterwerden, siehe, die jugendliche Lust.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DU-ETT
Wärest Du ein Lied,
wer hätte Dich gesungen?
Wer hätte Dich komponiert?
Wer hätte Dir Deine Melodie abgerungen,
die im Kind als Freude gejubelt,
in der Jugend von Sehnsucht bezwungen,
im Erwachsenen im Kampf gewütet,
im Greisen als Nachdenken ausgeklungen?
Duett.
Du und das Gesetz
der Wechselwirkung.
Euch ist zusammen Dein Lied gelungen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WIE DIE ALTEN SUNGEN
Geister gehen und kommen wieder
Wie die Strophen der Gedichte und Lieder,
Ziehen empor oder drücken nieder
Werden neu geboren und immer wieder
Wer die Geister vergangener Zeiten
Wieder treffen möchte und begleiten
Der suche nicht in vergilbten Seiten
Oder in Friedhöfen herum schreiten
Der gehe liebe in die Kindergärten
In die Schulen, Schulhöfe und Fährten
Da wo erzogen wird in Neuen hehren Werten
Findet man manchmal auch zurückgekehrten.
Jede ausgestorbene Denkensgeneration
Überspringt die 1. oder 2. Folgegeneration
Dann häufig ohne verinnerlichte Lebenslektion
Feiert unverändert ihre neue Reinkarnation.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
WACHSCHEINEN
Schaum
Ich fasse in meine Gedankenwelt rein
Raum zum Rumschauen kaum
Schaumbaum
Ich schäume vor Sehnsucht und Traum
Und träume, ich wäre wach
Ich lange sehnend in mein Verlangen rein
Und muß lachen vor lauter Wachscheinen
Und Traumwein. Lachweinen.
Wenn die Gedanken Schaum sind
Ist der Geist im Traum blind?
Erwachsen geworden und kaum Kind mehr.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
MÄRCHEN
Ich hatte Lust auf sie
Habe unterschätzt nicht sie
Sondern die Macht unserer Chemie
Bis ich ihr machtlos erliegen war
Nicht ihr, sondern der Chemie
Und fort an, überall, suchte ich sie
Nicht sie, sondern diese magische Chemie
Die nie wieder zu finden war
Denn 16 ist man nur einmal
Und es war schon einmal.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung
INNERLICH WEITER LEBEN
Erst kamen die Blumen
Lächelnde Glocken, spielende Kinder
Mädchen blühen auf
Jungen gehen die Augen auf
Das hier, ist das das Leben?
Dann kam eine stürmische Nacht
Wild tobte es hinter Fenstern
Träumend schwebte es in auftauenden Herzen
Ein gebrochenes Herz sinnt vor sich hin
Das hier, ist das das Lieben?
Dann thronte sich die Sonne, krönte sich der Verstand
Stählerne Augen
Stein entwachsen keine Blumen
Ruhiger Erwachsene, sicher, verschlossen
Das hier, das Leiden!
Enttäuschung – Verstand trifft Empfindung
Nachdenken – Langsam, wie der Abend
Fallen die Nachwirkungen der Schicksalsschläge
Irgendwann fällt mal Wahrheit auf
Das da, das war das Lernen…
Zuletzt nimmt zu der Mond, nicht ab…
Ferne Fragen funkeln wie rufende Geheimnisse, schwache Erinnerungen
Vorstufe einer Rückkehr, sehnende Wiederkehr zu Dir
Nimmt jetzt die Runde wieder ab?
Wie geht es weiter? Immer weiter.
– Che Chidi Chukwumerije.
