WENN SCHNEE EINEN FLUSS BERÜHRT

Wenn Schnee einen Fluss berührt
Wie Gedanken zurückgeführt
Zum Ausgangsort und -zustand
Durch der Natur unsichtbarer Hand,
Denke ich darüber nach:
Ob Meer oder See oder Bach,
Ort des Geschehens bleibt gleich,
Weiher, Fluss, Ozean oder Teich,
Eisig und hart, flüssig, durchlässig, weich,
Es ist alles das magische Wasserreich,
Wo alles stets in Bewegung bleibt,
Mit und gegen alles fließt und sich reibt,
Ständig ankommt, ständig weitertreibt -
Ne, Ort des Geschehens bleibt nimmer gleich.

Kein Gedanke kehrt unverändert zurück
Zum unveränderten Entstehungsheim.
Schlimmer oder besser geworden ein Stück
Findet sich alles wieder zusammen im Schlussreim.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

IM ANFANG WAR DAS ENDE

Ich warte auf das Ende
und das Ende wartet auf mich
Und während wir beide auf einander warten
überholt der Anfang das Ende und mich.

Konsequenter als das Ende
ist der Anfang aller Dinge -
Er wartet auf nichts und niemand,
hebt an zu singen bevor ich ausklinge.

Am Anfang hielt ich stets Ausschau
jedes Mal nach dem Ende -
Doch jetzt am Ende weiß ich:
Der Anfang bringt die Wende,
nicht das Ende.

Selbst am Anfang achtet aufmerksam
nicht auf das Ende, sondern
auf den neuen Anfang.

Denn das ist der wirkliche Ausgang
Und das wahre Ende.

Der Anfang ist das Ende.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ZYKLEN

Ich laufe über mein Klavier
Und alle paar Schritte stehe ich wieder
Am Anfang meiner Lebenslieder
Wir haben alle dafür so ein Gespür
Dejavu ist des Lebens Dauersouvenir
Wie wiederkehrend der Morgen dem Tag
Egal was der Kalender behaupten mag
Mein Gedicht ist Reinkarnation auf Papier.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

BAUCHGEFÜHL

Ich nehme meine Vergangenheit
mit mir in die Zukunft immer
vorsichtshalber – denn immer
ergibt sich eine Möglichkeit
Nein, die Notwendigkeit
Altes gut zu machen, unerwartet
doch erwartet; das Leben
vergisst nichts, es wartet und wartet
um uns unseres zurück zu geben.

Wie bei einem Gedicht. Man hat
eine Ahnung, das es noch nicht
fertig sei, weiß aber nicht
was noch kommen wird…
Wer abschließen will, muß für alles
offen sein.

– Che Chidi Chukwumerije.