Der geladene Himmel, schwül und hitzig, er hat es eilig heute Morgen - Wer kennt denn das nicht? Laut grunzend und stöhnend stürzt er sich auf die Erde, nimmt sie schnell und stürmisch in Besitz. Morgens ist sie ehe schon feucht. Das macht die Nacht mit ihr - Sie ist bereit für des Himmels volles Gewicht. Er leert sich in einem kurzen heftigen Guss - Wetterpoetisch nennen wir das einen regnerischen Morgen mit Donner und Blitz. Jetzt fallen nur noch die letzten Tropfen, die Hitze weicht einer weichen Brise, während die Vogelwelt ins Singen ausbricht. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Regen
GEFÜHLSREGUNG
Wer hat den Himmel erregt
Wer auch immer das ist, er regnet für Dich
und weint
denn er findet Dich nicht…
Wieder nicht.
Angeregt vom Regen
löst sich der Dichter von seinem Träger
steigt im Mantel der Einsamkeit
aus seinem Herzen empor in seinen Kopf
und flüstert…
Regnen
Regen
Schreib mir ein Gedicht.
Der Kopf wartet, bis die Aufregung nachlässt –
Erst dann wird die Hand rege.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SOMMERNACHTREGEN
Ich roch ihre Erregung,
angeregt von der Nacht,
die halbe Stadt hing raus,
ging raus und war draußen zu Haus.
Auf einmal kam der Wind
wie schnelle harte Atemzüge,
und ich roch ihre Aufregung –
die ganze Stadt eilte wieder nach Haus.
Doch nicht schnell genug –
Die Böden wurden feucht
Die Menschen wurden naß
und ich roch den dürstigen Regen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SACHTER NACHTREGEN
Ich könnte Dich
wiederholend
wieder holen
Dich zählen
wie die Regenperlen
heute Nacht
Dich dichten
Auf Mich verzichten
Laß die Nacht von uns berichten.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EINE STIMME AUS MEINER KINDHEIT
Er hat viele Namen,
wie ein Wanderer, der durch die Himmel rast
und überall sich in die Herzen der Menschen
einhämmert! –
Jeder denkt, er gehört nur ihm…
Doch er gehört einem unsichtbaren Geheimnis.
Wo ich herstamme, von den Igbo,
nennt man ihn Amadioha
Wo ich geboren wurde, bei den Yoruba,
nennt man ihn Sango
Wo ich lebe, unter den Germanen,
kannte man ihn als Donar
Den Indern Indra, den Chinesen Lei Gong
Den Slawen Perun, den Baltischen Perkons
Den Kelten Taranis, den Guaraní Tupa
Den Japanern Taijin, den Römern Jupiter,
Den Norden Thor, den Griechen Zeus –
… wurde mir gesagt und bezeugt.
Heute war er da !
– ich schwöre es –
in den blitzenden Himmeln über Frankfurt.
Ich habe seine lachende Stimme erkannt
im krachenden Donner im heutigen Regen,
wie eine Erinnerung aus meiner Kindheit.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
KURZER REGEN
Die Wolken waren meine Gedanken
die ich von Dir fern hielt
doch wenn ich weine, rühren sie Dich
Aber nur kurz.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EIN KLEINER NACHTREGEN
Als wäre es ein Argument
überschlagen sich die Regentropfen
mit scharfen harten Pointen
Ich verstehe nichts
wenn Ihr gleichzeitig redet
Als hätte er mich gehört
hört der Regen mit einem Schlag
plötzlich auf…
Nein…
Er hat nur innegehalten –
Nun fallen die Tropfen wieder
Sie streiten nicht mehr
Sanft, versöhnend besänftigen sie mich.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
MORGENDLICHER REGENGESANG
Der Regen hat angefangen
zu trommeln
und beim Trommeln tanzt er
Morgendliche Tanzschritte
führen meine Ohren aus der Mitte
meines Traums
bis ans Fenster meines Schlafraums
hinter dem Vorhang
Regengesang.
Und als der Regen die Erde leckte
stieg der Geruch der Erde und er weckte
irgendwo in der Nachbarschaft
eine leise Stimme mit sanfter Kraft
Regnerische Morgenritte
Lauter werdend „ja, bitte, bitte…!“
Die Brise hat angefangen
zu atmen
und beim Atmen seufzt sie und flüstert mit.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
ANREGUNG
Wenn kurz der Regen ist
durstet in Dir die Blume
nach der äußeren Blume
denn die äußere Blume
ist der inneren Regen
Dann starrst Du aus dem Fenster
auf Deinen Garten und ahnst nicht,
wie hinter einem unsichtbaren Fenster
ein Fremder steht und schaut
auf den Garten Deiner Seele
Menschenblume,
nicht den Regen brauchst Du
sondern eine geistige Anregung
zum Wachsen, zum Aufblühen –
doch wahr nimmst Du sie nicht.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
EMPFANG
Er.will.mich.ausweiden!
Dachte sie mit ausgeweiteten
Augen, Herz, Mund und Beinen…
Kurz, die Uhr blieb stehen –
Sie.will.mich.ertrinken!
Lachte er im schnellen Versinken
Der Sonne, im roten Ausklingen
Des Tages Geschehen…
Rege, der Himmel fiel runter
Die Erde empfing erregt
Den selbst-im-August Regen, und
Der Abend zitterte vor Aufregung.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung