UNNÖTIGE BRÜCKEN

Weil jeder Gedanke zurück kehrt,
schick nur Deine besten von Dir fort.
Weil Dein Wort Dich ehrt oder entehrt,
spürst Du in Deiner Empfindung sofort,
wenn Du es falsch verwenden hast
oder wenn es das Beste in Dir erfasst.

Ich sage nichts mehr,
was ich nicht unbedingt sagen muss.
Wüsste ich dies nur eher,
bliebe manch eine Begegnung beim Gruß
gefolgt von einem klaren Abschied
und, ungestört, meinem inneren Fried.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

OHNE WORTE

Warum schweigen wir,
wenn unsere Herzen voll sind?
Und reden immer mehr
je leerer wir werden und blind?

Worte waren von jeher
ungenau, unzulänglich, schwach,
nie genug. Doch das Gespür
trifft es in der Empfindung einfach.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WARUM ICH SCHWEIGE

Warum ich schweige,
mich zur Stille neige:
Weil jedes Wort Verrat wär
an das Beste in mir -
Weil jedes Wort Verrat wär
an das Echte in mir.

Ich würde so gerne
ganz in die Ferne,
Starrem mich entziehen -
innerlich, meine ich -
mich zurück ziehen.

Schweige ich, weine ich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SCHMETTERLING


Im Land der Stille
wächst der Wille –
und wenn er reif
geworden ist und bereit
durchbricht er die Hüllen
denn er will erfüllen
denn er muss erfüllen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DER VERSCHLOSSENE WALD

Sie hat gelernt,
daß Schweigen schützt;
Das Schweigen der Bäume,
in mitten deren - ne, dessen - sie sitzt,
das sie vom Überflüssigen abschirmt,
das ihr Sinnen unterstützt,
und das ihr nur das enthüllt,
was ihrem Heilen nützt.

Tausend Erinnerungen pro Empfindung -
Selbst die kleinste davon preiszugeben
ohne sich selbst und anderen vorher zu vergeben
kostet sie Überwindung.

Sie hat gelernt schweigend zu geniessen,
schweigend ihren Wald zu verschließen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIE EIN GAST LIEGT DER SCHNEE

Wie ein Gast liegt der Schnee,
Zu Besuch, im Wohnraum der Stadt ausgebreitet,
Fremd und doch Zuhause, und unbegleitet,
Wie ein Familienmitglied vom Übersee.

Er hat nicht viel zu sagen,
genau wie ich, Schweigen ist unsere Sprache
des Suchens nach Antwort, Ruhe und Ursache,
In diesen Winternächten und -Tagen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

LAND DES SCHWEIGENS

Manche lieben das Land
mit der Macht des Hasses
und hassen sich selbst
ob dieser furchtbaren Liebe.

Die Augen, die weg schauen,
engen sie Dich ein oder
geben sie Dir Raum? Privatraum
für deine fruchtbaren Triebe.

Wenn Selbstgespräche laut werden
hört sie trotzdem keiner.
Wenn Schweigen aber leiser wird
verstehen wir einander.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung 

ELOQUENT SCHWEIGEN

Manchmal stehst Du, mein Ich, allein
Wie ein Iroko nicht mal im Wald
Nein in der kalten Wüste
Du kannst niemandem vertrauen und bald
Keinem, den ich eigentlich müßte
Geschweige denn denen, die ich küsste
Niemand mehr schafft’s in mich, in Dich, hinein.

Mein Du, ja mein Ich, wir verstehen Schweigen
Es ist uns eloquenter, schlüssiger als Worte
Ihre Worte sind eine Ablenkung von ihrem Schweigen
Von ihrem tiefsten Tatorte.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WAS ANDERE NICHT TIEFER QUÄLT

Was fehlt einem so Großes
was anderen nicht mehrfach fehlt?
Was andere nicht tiefer quält.

Und die, der gegenüber
Er sich beschwerte, hat sich gestählt
und ließ ihre Leiden unerzählt.

Sie hörte zu und tröstete
aber ihr Herz war wund geschält
Und in ihren Augen hat‘s geschwelt

Aber er merkte es nicht
hat sie mit seinem Verlangen gepfählt
und sich mit ihr für eine Nacht vermählt.

Sie ließ sich durch ihn ablenken von
Euch Schmerzen, die ihre Freude täglich stehlt.
Wahrlich: SIE hat ihn ausgewählt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SEHNSUCHT NACH SCHWEIGEN

Der Tag fing mit Schweigen an
Und geht mit Schweigen zu Ende.
Zwischen Anfang und Ende
Gab es die Suche nach einer Freude
Im Lärm, die nur Schweigen geben kann.
Und alle - Freunde und Fremde,
Alt, jung, reich, arm, Frau und Mann -
Trugen lärmig in ihren einsamen Augen
Dieselbe Sehnsucht nach dem Schweigen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung