HINEINHÖREN

An dem Tag, an dem mein Herz schwieg
Habe ich lange nicht zugehört
Und mein Herz ließ mich auch ungestört;
Verschwieg, daß es sein Schweigen verschwieg.

Che Chidi Chukwumerije (30.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DAS SCHWEIGEN DILEMMA

Weil sie laut sind schweigen?
Oder weil sie laut sind schreien?
Was soll der Mensch tun, um einzugehen
in den Zustand der gewissenhaft Freien?

Weil ich nicht alles weiß schweigen?
Oder weil ich zu viel weiß reden?
Um zu schützen oder um zu schaden?
Hades oder Eden.

Was soll der Mensch tun, um einzugehen
in den Zustand der von Schuld Freien?

Che Chidi Chukwumerije (14.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

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SCHUTZZÖGERN

Abschied aus dem Reiche
Der Oberfläche –
Ich zögere…

Welche Tiefe braucht keine Oberfläche?

Welche Wahrheit braucht
Keine sie schützende Lüge?
Ablenkung und Deckung.

Ich zögere.

Wer zögert,
Hat bereits verloren.
Oder ist auch das nur eine Schutzlüge?

Ich zögere.

Denn ich weiß
Daß mein schweigendes Wissen
Das Wertvollste ist, was ich besitze.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

SCHWEIGEN

Wie die Bäume
Die alles hören
Sehen und fühlen
Und niemand stören

Habe ich gelernt
Nicht auf alles
Zu antworten

Wie die Bäume
Die als Samen starten
Und langsam wachsam
Während wir warten

Habe ich gelernt
Es gibt nicht für alles
Vorgefertigte Antworten

Manche Fragen sind Samen –
Gebettet am stillen Ort
Zieht sich langsam zusammen
Die richtige Antwort.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

VERSCHWEIGEN

Schweigen
Ein Gefäß, versprochen
Ohne Zeugen
Ungelesen, ungebrochen

Manche forschen
In alten Schriften
Manche in Pyramiden
In Ägypten

Abhörgeräte
Überall
In allen unseren Geräten
Auch im Weltall

Doch intimstes Wissen
Wurde nie niedergeschrieben
Tiefste Geheimnisse
Persönlich verblieben

Nur kurz aufgewühlt
Geschwind runtergekühlt
Und dann in Schweigen
Ewig eingehüllt.

Che Chidi Chukwumerije.
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

TRAURIGE SCHÖNHEIT

Es rührt sonderbar zu sehen
Eine hübsche traurige Frau
Hinter ihr bereits zwei Ehen
In der dritten sitzt sie zur Schau

Ich beobachte sie nachdenklich
Wie sie an ihrem Tisch sitzt alleine
Unsere Augen, ab und zu, treffen sich
Ihre sind nachdenklicher wie meine

Sie hat die Jahre gut überstanden
Der Schmerz hat sie fesselnder gemacht
Doch sicher, das “Warum” hat sie nie verstanden
So selten wie sie heute noch lacht

An meinem Tische unterhalten sich
Meine guten Kumpel mit ihrem Ehemann
Er will bleiben und tanzen feierlich
Was sie will, wird nicht kundgetan

Lebhafter wird die Veranstaltung
Immer mehr Leute, Musik, Essen, Bier
Sie beachtet alles mit Zurückhaltung
Und tauscht immer wieder einen Blick mit mir

Ihre Schönheit ist atemberaubend
Aber die hat sie nie wahrgenommen
Nach dem Sinn des Lebens verlangend
Hat sie den Lebensberg stets rastlos erklommen

Kurz nur blieb sie noch sitzen
Während andere tanzten wild und schräg
Und als auch ich anfing, zu schwitzen
Schaute ich ‘rüber und sie war weg.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

ÜBER DEN ATLANTIK

Die atlantischen Meere
Die atlantische Leere
Die atlantische Lehre:

Auch ruhige Menschen sind voller Leben
Auch lange Strecken sind einst überwunden
Und wenn Gott schweigt, ist das auch ein Segen.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung

MEHR WENIGER

Die reden und reden und sagen nichts
Warum gibt es so viele Worte in der Sprache?
Wer keinen Redepartner hat, guckt Netflix
Alleinsein ist dem modernen Menschen Siegfrieds Drache
Der leere Wortschwall seine verzweifelte Attacke

Es war einmal, nicht lange her,
Ich tauschte manche Blicke mit Dir
Und ohne Worte sagten sie mehr
Als unsere vielen Worte heute
Die ängstlich feige nichts bedeuten

Ssschhh… traue Dich, sage nichts
Überlaß Deinem Schweigen das Sagen
Damit all das, was die Worte nicht sagen
Kommen können ans Licht.

– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

MUSIK SEIN

Das Gesagte ist nur halb gewagt
Den Rest lass Sein.

Che Chidi Chukwumerije

GESCHWEIGE DENN

Ich befinde und bewege mich plötzlich an einem Ort jenseits von Worten, und wie ich hierher gelang, kann ich nicht sagen.

Auf einmal sehe ich die Welt anders und so wie ich sehe, lässt sich nicht in Worte drücken, geschweige denn über Worte zum Ausdruck bringen.

Empfindungen. Bilder. Begriffe. Aufnehmen. Wissen. Lieben. Schweigen.

Che Chidi Chukwumerije.