Die Sonne macht die Augen auf Ist sie heute gut drauf? Schwer lesbar, wie ich meine Die Sonne dreht sich zweimal um Sieht sich schweigend um Von ihren Gedanken sehe ich keine Die Sonne steht langsam auf Geht müde auf Stellt sich wackelig auf die Beine Die Sonne schickt einen Gruß herum Stell sich erneut auf stumm Und geht ihren Weg wieder alleine. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
TREUE
UND DENNOCH SIND SIE ZUHAUSE
Wie viele hocken, ungerne, jäh entwurzelte Blumen, Ameisen aus der Ferne, Menschen beim Reinzoomen, am ausgebombten Straßenrand, im Schatten makaber grinsender Struktur erschreckter Aus-bauten unter der Hand des Krieges kalt abstrakter Architektur? Und dennoch sind sie Zuhause. Denn nicht Bauten alleine sind Heimat. In Mitten des Krieges ist jede Pause jedem Patriot, ob Soldat ob Diplomat, gleich dem treuen Mutes neuen Frühling. Gebrochen ist erst der Geist, wenn er vom Kämpfer wurde zum Flüchtling, der ein Fremder mitleidig willkommen heißt. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ZUSAMMEN ENTFALTEN
Die Gespräche fingen an
sich innerlich zu wiederholen
Dennoch veränderten sie sich
in ihren äußeren Inhalten
Sie selbst wurden älter
wurden zu Symbolen
Vergaßen ihre neuen Worte
Erinnerten sich nur an die alten
Sehr leicht auszudrücken
in den einfachsten Parolen:
Ich liebte mal Deine glatte Haut,
jetzt lieb ich Deine Falten.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DENN DU BIST NICHT ALLEIN AUF DEINER REISE
Weltenwanderer, Mensch
Getrieben durch sich selbst
Aus sich selbst heraus
Bis unter die Haut –
Ruhelos, ewiger Sucher
Seiner eigenen Seele treuester Besucher
Der Mensch bereist die Welt
Auf der Suche nach sich selbst
Das, was er am meisten braucht
Einen Begleiter, der mit ihm nach Vorne schaut
Der mit ihm die Reise teilt
Seine Sorgen kennt, seine Wunden heilt
Bis er irgendwann sein Ziel erreicht
Und Abschied nehmend wehmütig begreift
Die Reise selbst war ein Weilen
am magischen Ort,
Der nun scheidende Begleiter
ein Freund treuester Sorte.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung.
TREUE
Ich las in der Gralsbotschaft
Über Treue und über Pflicht
Daß die Pflicht keine Treue schafft
Nur die Liebe kennt der Treue Angesicht
Du kannst alle Aufgaben erledigen
Zuverlässig, gewissenhaft
Doch Deine wahre Treue gilt nur demjenigen
Der erwecket Deiner Liebe Kraft
Wo die Liebe ihre Wurzeln schlägt
Da blüht die Treue und gedeiht
Man kann es nicht ändern, es prägt
Es übernimmt des Geistes Persönlichkeit
Nicht das Verliebtsein zählt, gewiß
Noch Selbstsucht, Schwächeduldung, Festkleben
Nur selbstlose Liebe, die bereit ist
Für das Geliebte alles (auf)zugeben.
– Che Chidi Chukwumerije.
Mein Jahr der deutschen Dichtung.
WAS NUTZEN TRÄNEN
Du schickst mir deine innigsten Gedanken
Bin ich das wirklich wert?
Wie kann man sich für so was bedanken?
Ein Versuch, das Gedicht bricht zusammen
Ich habe nichts, was an Wert
Dem nahe käme. Alles für sich, alles zusammen
Nichts nichts nichts. –
Das sind meine innigsten Gedanken.
Was reichen, was nutzen Tränen angesichts
Der Tendenz, in Schwachheit stets zu schwanken
Du bist treu, ich nicht
Das ist alles. Wo es zusammenbricht…
– Che Chidi Chukwumerije.
