OHNE VERSTÄNDNIS

Versteht ein Tier, daß
es einen Menschen nicht verstehen kann?
Oder denkt es, der Mensch ist nichts mehr,
als die wenigen Rufworte, die es verstehen kann?

Versteht der Verstand, daß
er Göttliches nicht verstehen kann?
Oder denkt er, Gott gibt es nicht,
einfach nur weil er Göttliches nicht verstehen kann?

Menschen reden und reden miteinander
und verstehen nicht mal einander gegenseitig.
Menschen schweigen und schweigen miteinander
und trotzdem verstehen sich nicht gegenseitig.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WESEN UND WIR

Die Wesen, sie wohnen im Wald und Flur
Seit lange bevor die Menschen kamen;
Und Wald, Flur, Natur existiert alles nur,
Weil sie von den Wesen ihre Formen bekamen.

Sei es eine Pflanze oder sei es ein Gedanke,
Überall auf Erden wo es entsteht ein Samen,
Pflegen ihn die Wesen, erwarten kein Danke,
Denn sie tun es heimlich in Gottes Namen.

Unsichtbar und unwirklich sind nicht das Gleiche.
Die Wesen beweisen es allen einsamen
Spaziergängern inmitten im Naturreiche,
Denen sie spürbar immer nahekamen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

IM HINTERGRUND

Die einen schreiben unsre Gedanken nieder
Die anderen geben unsere Worte wieder
Noch andere singen unserer Empfindungen Lieder
Aber sie sind uns unsichtbar,
Uns ungreifbar, von uns unvernichtbar,
Im Karmakreislauf unverzichtbar.
Unsere Welt lebt und webt in zwei Welten.

Manch ein Dejavu, manch ein Un-fall,
Schicksalhafte Begegnungen per Zu-fall,
Erstaunliche Erkenntnisse durch Ein-fall:
Uns traf es vielleicht unvorbereitet
Aber jemand oder etwas hat es vorbereitet,
Mit unsren Taten als Zutaten es uns zubereitet.
Zwei Welten, und wir merken es selten. 

- Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE KINDLICHE WELT

Es war einmal eine Fee
So unsichtbar wie ein Gedanke
Genau so spürbar auch
Wie unausgesprochen Bitte oder Danke

Und so wie Du nicht nur
einen Gedanken vergisst, sondern
auch vergisst, daß da mal
ein Gedanke war, bleibt die Fee fern

unserer Erinnerung, unserem Begreifen,
unserem Begriffsvermögen und
Begreifenkönnen; äußert sich
nur noch aus dem kindlichen Mund.

Lebt und spielt, lächelt und lacht
in der kindlichen Welt
und winkt zum Abschied, wenn das Kind
zum harten Erwachsenen sich entwickelt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

BESUCHER

Ich war ein Sucher in der Natur
und ich fühlte mich fremd, als
der Schnee kam. Aus dem Dunkel,
aus dem Nichts. Lagerte sich um mich
wie ein Belagerer einen Feind, und
starrte mich ernst und wortlos an.
Mein Herz klopfte, ich wartete ab und
ließ mich prüfen. Dann umarmte mich
der leise Schnee und geleitete mich
aus dem Wald wie ein treuer Begleiter.
Manchmal sind wir Zuhause in
der Natur, doch manchmal sind wir
nur Besucher in einer fremden Welt.

– Che Chidi Chukwumerije
29.01.2020 (18:53h)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DAS UNSICHTBARE

Die Rose im Garten
Unter liebevoller Pflegerhand
Die Rose im Wald
In vernachlässigster Ecke im Land
Beide werden wachsen und gedeihen
Das Unsichtbare wird beiden Flügeln verleihen

Das Mädchen der Stadt
Das Mädel vom Land
Beiden haftet gleich
Stark und tief und weich
Der unsichtbaren Weiblichkeit Hand
Und Herz in Sein und bei Tat.

Ihr dürft den Drang nie unterdrücken
Nach Innen und nach Oben zu blicken.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung

KEINE NATUR KEINE SEELE

Bäume
Träume der Erde
Atembeschwerden. Atemnot
Der Baum ist ein Griot
Sein Stamm älter wie Deiner und meiner

Verwelkte Blätter
Allwetter, reifen. Begreifen
Würgegriff. Luft! Luft!
Sich krümmend vor Schmerz. Abschied
Ertrunken. Müll. Wüste. Und wir wussten es.

Jetzt erheben Kinder den Schrei
Fahrt linder mit Mutter Erde!
Futter für Wind oder Kampfgeist?
Wer der Natur fühlbar Achtung zollt
Säubert seine eigene Seele unsichtbar.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung