Manchmal stehst Du, mein Ich, allein Wie ein Iroko nicht mal im Wald Nein in der kalten Wüste Du kannst niemandem vertrauen und bald Keinem, den ich eigentlich müßte Geschweige denn denen, die ich küsste Niemand mehr schafft’s in mich, in Dich, hinein. Mein Du, ja mein Ich, wir verstehen Schweigen Es ist uns eloquenter, schlüssiger als Worte Ihre Worte sind eine Ablenkung von ihrem Schweigen Von ihrem tiefsten Tatorte. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Worte
DIE MACHT DER WORTE
Unser ganzes Leben ist ein Versuch, unseren Körper, diese schwere Fleischlast, unseren Gedanken und Empfindungen hinterher zu schmeißen. Doch alle Flugzeuge der Welt, alle Autos, alle Züge, Fahrräder und selbst die flinkesten Beine schaffen es nicht, Schritt zu halten mit dem Zug unseres Innenlebens. Nur diese Dinge - Mund, Zunge und die Hände - haben die Macht, annähernd den Gedanken und Empfindungen zu entsprechen… und zwar dann, wenn sie Worte formen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE FARBEN DES ABENDS
Die Farben der Worte sind heller am Freitagabend Aber bis Montag blenden sie nicht mehr montags sind die Narben schwerer und abends suchen sie die Tiefe Suchen nach dem Abgrund der Gefühle, die sie riefen, hervorriefen Abendstund hat Sold im Mund - Ein Schlag in den Magen, Du wirst‘s wagen, Deine farbenfrohe Seele schwarzweiß einzurahmen. Weder Wahrheit noch Lüge befriedigt so tief wie das Berühren Deines Inneren Abgrundes. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SCHWEIGSAMKEIT
Ich sterbe den Tod der Worte Wenn die Empfindungen eine Tiefe streifen Jenseits der verbalisierbaren Innenorte. Nur die Schweigsamen werden mich begreifen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EMPFINDUNGEN SAGEN MEHR
Worte versagen Wo Empfindungen alles sagen - Diese formlosen Gefühle im Magen Wie kann eine Brust, So klein wie sie ist, bergen so viel Lust, Ertragen so viel Verlust? Woher kommt Wissen? Woher weißt so viel das Gewissen? Dieses Wissen will ich nicht vermissen. Es lehrt mich den Unterschied Kunstlied und Liebeslied, Zwischen Aufwiedersehen und Abschied. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WORTBOTE
Die Worte kommen wie von selbst Der Selbst kommt wie von Worten Wo ich selbst ende und mein Wort ansetzt werde ich wiedergegeben an neuen Orten. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
TAT(W)ORT
Aus der Ferne kannst Du sowohl innerlich als auch körperlich berührt werden. Innerlich ohne sexuelle Auswirkung Körperlich mit starker sexueller Auswirkung in Deinem Körper Wörter Können Dich weinen und jauchzen lassen Dich bluten und körperlich erkranken lassen Dich erschweren und Dich erleichtern Alles aus der Ferne Selbst aus entlegenstem Orte Worte Sind unglaublich physisch Sind Taten. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE WORTE KOMMEN WIEDER ZURÜCK
Wie Worte überleben Wie sie Schweigen überdauern Und wieder auftauchen Wie U-Boote, wie sie lauern Bis Herzen sie wieder brauchen Um sich gegenseitig zu vergeben. Wie Worte hartnäckig überleben Geformt als Texte mit festen Bedeutungen Halb-geformt als im Blut gefühlte Gedanken Ungeformt als feine Kern-Empfindungen, Wie altes Geld in und aus alten Banken Ihr Reichtum irgendwann wieder - und weiter - geben. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE DISTANZ IN DER NÄHE
Ein guter Gedanke, wenn er sich auf den Weg macht in der Welt der Gedanken, kommt er weit? Oder wird er erdrosselt und totgeschlagen noch bevor er den nächsten Menschen erreicht? Die unsichtbare Welt ist ein Friedhof, wo vieles lautlos stirbt und begraben wird, bevor es Dir überhaupt einfällt. Stell Dir ein Zimmer voller Menschen vor alle dicht nebeneinander stehend doch weder Worte noch Gedanken schaffen es die Distanz in der Nähe zwischen uns zu überwinden und den Frieden trotz der kriegerischen Gedanken als den besseren Weg zu empfinden. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
IM HINTERGRUND
Die einen schreiben unsre Gedanken nieder Die anderen geben unsere Worte wieder Noch andere singen unserer Empfindungen Lieder Aber sie sind uns unsichtbar, Uns ungreifbar, von uns unvernichtbar, Im Karmakreislauf unverzichtbar. Unsere Welt lebt und webt in zwei Welten. Manch ein Dejavu, manch ein Un-fall, Schicksalhafte Begegnungen per Zu-fall, Erstaunliche Erkenntnisse durch Ein-fall: Uns traf es vielleicht unvorbereitet Aber jemand oder etwas hat es vorbereitet, Mit unsren Taten als Zutaten es uns zubereitet. Zwei Welten, und wir merken es selten. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
