Ein Kind ging im Wald spazieren und merkte irgendwann die Schönheit der Steine überall; sie zogen ihn in ihren Bann. Er nahm einen Stein in die Hand, drückte ihn gegen sein Gesicht; der Stein schien plötzlich zu reden, erzählte dem Kind ein Gedicht. Und jeder Stein, den er nahm, erzählte ihm sein eigenes Poem, drang tief in das kindliche Herz ein, hauchte ihm ein sein Zauberodem. So sammelte es jahrelang Steine, trug sie aus dem Wald hinaus - und aus allen diesen Dichtungssteinen baute es sich ein Haus. Das Kind wurde erwachsen, der Erwachsene lebte und starb und nach einer langen langen Zeit wieder auf der Erde geboren ward. Und wuchs und spielte und suchte und strebte und wusste nicht: es wohnte tief in seinem Herzen für jeden Tag ein Gedicht. Bis eines Tages die Liebe, an einem anderen Tag der Verlust, dann Verrat, Sehnsucht, Sünde, Reue sprengten das Herz in seiner Brust. So fand er in seinem Schmerz, daß tief in seinem Geiste sein Herz war felsenfest und stark, egal wie tief er hinein reiste. So reiste er weiter durch den Wald in seiner Seele und fand eines Tages einen Garten dadrinnen, in dessen Mitte ein Haus stand. „Zuhause!“ wusste er wieder, denn es war tief und es war schlicht Und nun hat er wieder, glückliches Kind, für jeden Tag ein Gedicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
