ANZIEHUNG DER GLEICHART

Zögernd
Wie eine Maus aus ihrem Loch
Wagt die Menschheit sich
Aus Ihrer Mentalität des Gespaltenseins
Heraus - Wagt es sich, es sich vorzustellen
Daß es möglich ist, sich zu begegnen
Enger mit sich selbst in Harmonie
Zu leben.

Und dennoch, egal wie eng
Die Menschen sich an einander schmiegen
Oder gerade deshalb…,
Suchen sie in ihren kleinen Gruppen
Und kleinen Räumen
Um so mehr die Gesellschaft der Gleichart.
Frag mich nicht, was Gleichart ist -
Entscheide Du selbst, was Du wirklich bist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

One thought on “ANZIEHUNG DER GLEICHART

  1. Die Maus hat Gründe, zu zögern und zu schnobern und zurückzuzucken, da draußen wartet die Katze, wartet das Wiesel, wartet der Sperber. Immerhin, die Maus weiß, was die Katze das Wiesel der Sperber wollen, und irgendwie ist begreiflich, was die alle wollen, alle haben Hunger, und da gibt es so viele Mäuse. Unter den Menschen ist das anders. Wer sich in den asozialen Netzwerken aus dem Loch traut, der muss wissen, da draußen warten sie, um über dich herzufallen, sobald du dich sichtbar machst. Nicht mit Gründen, nicht zu Zwecken: sondern einfach, weil du auftauchst. Weil sie es nicht ertragen können, dass da einer atmet. Du äußerst dich, und es wird dir widersprochen werden. Es genügt, dass du sagst, zwei und zwei ist fünf, schon erstehen welche, die schreien: “Falsch! Total falsch! Zwei und zwei ist sieben!!!” Sie widersprechen dir, weil du behauptest. Weil du da bist. Weil du dich sichtbar machst. Weil du atmest. Es ist dein Ton der Überzeugtheit, deine Art zu sagen, ich bin ich, der ihnen den Schaum vor den Mund und die rote Ochsenwut vor die Augen treibt. Sie können es nicht ertragen, dass da einer ist und redet. Sie widersprechen dir, und hättest du das Gegenteil gesagt von dem, was du gesagt hast, sie würden dir auch widersprechen. Das ist keine Frage der Meinungen und Überzeugungen, sondern eine Frage des Reflexes. Es wird geschnappt und gebissen, nach allem, was sich bewegt. Gar nicht erst rauszukommen aus dem Loch, wäre unter diesen Umständen eine echte Option, auf jeden Fall eine Versuchung. Aber dort draußen vor dem Loch ist ja nicht nur das große Outdoor, sondern weiter oben, da ist der unbegreiflich weite Himmel, den möchte man sehen, und wenn man ihn einmal gesehen hat, will man ihn wieder sehen, und wieder, und wieder, und man kommt raus und zögert und schnobert und zuckt zurück, bis der Sperber herabstößt. Möglicherweise denkt man dann, im letzten Augenblick, in dem man überhaupt noch etwas denken kann, aber ich hab den Himmel noch einmal gesehen, es hat sich gelohnt.

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